Ein Spezialist in Sachen gesunde Ernährung – Dr. Malte Rubach hat Ernährungswissenschaft in Deutschland, der Türkei und den USA studiert nachdem er sich schon in seiner Jugend als Leistungssportler für Ernährungsthemen begeisterte. Der Ernährungswissenschaftler beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit den Themen Ernährung, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Innovation. Zudem hat er bereits Erfahrung als Autor sammeln können. Bislang hat er bereits acht Bücher über Gesundheit und Ernährung veröffentlicht. Unter anderem zählen darunter Gesund mit Kaffee und Die 30 besten Tipps für deine Ernährung.
1. Was bedeutet gesunde Ernährung für dich?
Ganz einfach: man kann alles essen und soll auch alles essen, nur nicht zu viel. Eine ausgewogene Mischung von allem, was einem schmeckt und am besten wann immer es geht selber kochen. So ist man in Sachen gesunde Ernährung automatisch auf der sicheren Seite.
2. Was war der Grundgedanke für das Buch „Die 30 besten Tipps für Deine Ernährung“?
2016 habe ich gemeinsam mit einigen Mitstreitern den ThinkTank „Reduction2020“ gegründet. Wir liefern wissenschaftlich fundiertes Wissen für Unternehmen aus dem Lebensmittelbereich zu den aktuellsten Trends und Herausforderungen. Uns fiel auf, dass immer und immer wieder die gleichen Fragen aufkommen, was genau eigentlich eine gesunde Ernährung bedeutet. Auch bei den Unternehmen, die ständig bemüht sind, den Geschmack und die Bedürfnisse der Verbraucher zu treffen. Wie schon gesagt, ist das eigentlich gar nicht so kompliziert, aber aufgrund der Menge an fehlerhaften und oft pseudowissenschaftlichen Informationen in Ernährungsbüchern, Magazinen und YouTube-Videos sind viele Menschen komplett verwirrt. Je mehr Menschen das glauben, desto mehr Produkte werden auch für sie entwickelt und produziert. Alles was im Supermarkt steht, spiegelt den Bedarf der Kunden wieder. Ein Vollsortimenter bietet inzwischen 30.000 bis 40.000 Lebensmittel an, das macht die Wahl eher zur Qual, wenn man dabei noch auf 1000 Regeln achten soll. Deshalb sind die 30 besten Tipps wirklich die einfachsten Dinge, die ein Mensch wissen muss, um sich ohne großen Aufwand gesund ernähren zu können. Ohne Hokus Pokus und komplizierte Wissenschaft dahinter. Weil das erstmal nicht so spannend für einen großen Verlag klingt, haben wir das erstmal als Selfpublishing-Projekt rausgebraucht.
3. Welcher Tipp steht bei dir an oberster Stelle?
„Keep it simple“ oder besser Tipp Nr. 6: „Nie mehr falsch einkaufen“. Wir empfehlen die Auswahl an Lebensmitteln auf ein festes Sortiment einzuschränken. Man muss sich vorstellen, dass der Notvorrat für Lebensmittel, den das Bundesministerium für Ernährung empfiehlt, gerade mal 48 Lebensmittel umfasst. Mehr brauchen wir nicht, um 14 Tage zu überleben. Diese Liste ist die beste Orientierung für den wöchentlichen Einkauf. Wer sich einfach daran hält und ab und an die Lebensmittel immer mal austauscht, neue Rezepte testet und ein bisschen variiert, der wird automatisch recht frisch und ohne große Ablenkung durch den Supermarkt laufen.
4. Was ist dein persönlicher Tipp zum Start einer Ernährungsumstellung?
Das wichtigste ist kompetenter Rat. Das heißt, jeder sollte zunächst für sich seine Situation und sein Ziel analysieren. Das funktioniert am besten mit einem Ernährungsberater, der den Blick von außen hat. Aber Vorsicht: Jeder darf sich Ernährungsberater nennen, weil das keine geschützte Berufsbezeichnung ist. Da treiben sich auch unzählige Scharlatane rum, die einem einfach ein Nahrungsergänzungsmittel verkaufen wollen oder schlicht keine Ahnung haben, sondern nur auf eigener Erfahrung basierend Tipps geben können. Wenn einem jemand ein Nahrungsergänzungsmittel anbietet, ohne vorher eine persönliche Beratung kombiniert mit einer Messung von Blut- und Körperwerten durchgeführt zu haben, sollte man sowieso direkt Abstand nehmen. Egal wie toll es klingt, es ist meistens eine reine Verkaufsmasche. Der beste Ansprechpartner für einen zertifizierten Ernährungsberater ist die eigene Krankenkasse, der kann man guten Gewissens vertrauen. Und ab da heißt es dann natürlich umsetzen, am besten mit regelmäßigem Feedback durch den Berater und auch in Gruppen, das hält die Motivation oben. Wenn es um gesundheitliche Probleme geht, dann wird natürlich auch ein Arzt hinzugezogen, was auch unbedingt notwendig ist. Also mein Tipp: kompetente Begleitung von Anfang an, das erhöht die Erfolgschancen ungemein und oft zahlt es auch die Krankenkasse.
5. Gesunde Ernährung: OK. Aber gibt es bei dir auch mal etwas Ungesundes?
Nein, nie, weil es keine „ungesunden“ Lebensmittel gibt. Es gibt nur zu viel von dem einen oder dem anderen. Selbst mit Wasser kann man sich zu Tode trinken, genauso wie mit Alkohol.
6. Wie bist du auf die Thematik „Kaffee“ aufmerksam geworden? Gab es einen bestimmten Grund?
Ja, ich hatte damals meine Masterarbeit in der biomedizinischen Forschung an einem Institut in Kalifornien gemacht. Das war alles sehr spannend, aber weit weg von meiner Leidenschaft für Lebensmittel und Ernährung. Als ich nach einem interessanten Forschungsfeld für meine Doktorarbeit gesucht hatte, bin ich auf das Thema „Kaffee und seine Wirkung auf die Magensäuresekretion“ gestoßen. Ab diesem Zeitpunkt bin ich dann nicht mehr vom Thema Kaffee abgekommen. Ich habe schon zwei Bücher dazu geschrieben und witziger Weise habe ich während meiner Forschung noch keinen Kaffee getrunken. Das kam erst danach als ich meine Frau kennengelernt habe, die aus Brasilien stammt. Ohne Kaffee geht da nichts und dann kam ich in Rio de Janeiro letztendlich zu meiner ersten echten Tasse Kaffee überhaupt.
7. Was macht für dich einen gesunden Lebensstil aus?
Ich bringe es in meinem Buch „Die Ich-Ernährung“ mit den 4G auf den Punkt: Genuss, Gleichgewicht, Genügsamkeit und Gelassenheit. Vor allem letzteres ist wichtig, denn es findet gerade bei den Themen Gesundheit und Ernährung sehr viel Panikmache und Angsttreiberei statt. Damit lässt sich immer viel Geld verdienen, wenn dann zufällig im richtigen Zeitpunkt ein rettender Strohhalm angeboten wird. Genügsamkeit spricht für sich selbst und im Gleichgewicht zu sein bedeutet, dass alles mit allem in Verbindung steht. Wenn wir auf der einen Seite etwas verändern, verändert sich automatisch etwas an anderer Stelle in unserem Körper. Mit einem achtsamen Umgang mit sich selbst und der Umwelt, können alle also nur gewinnen. Und klar, Genuss, ohne geht es nicht, so sind wir Menschen. Aber auch hier zählt der bewusste Genuss. Zeit nehmen, die Sinne spüren und nutzen. Und aufhören, wenn es am besten ist, dann freut man sich umso mehr aufs nächste Mal.
8. Du warst uns in der Erstellung unseres Feel Good Booklets eine sehr große Unterstützung. Welche Aussage soll durch das Booklet getroffen werden?
Das Feel Good Booklet dreht sich genau um diesen gesunden Lebensstil. Letztlich fehlt heute vielen Menschen die Zeit für eine ausgewogene Ernährung. Und der Markt der Möglichkeiten ist wie gesagt riesig und es tummeln sich viele Anbieter für „gesunde Ernährung“. Die versprechen nur die besten und frischesten Zutaten zu verwenden, die schonendste Verarbeitung und natürlich den besten Geschmack zu liefern. Und ehrlich gesagt, wer sich mit Lebensmitteltechnologie auskennt, der weiß, dass alleine schon eine Hitzebehandlung von Fruchtsäften zur Beeinträchtigung des Nährstoffgehaltes führen kann. Geschmacks- und Aromastoffe leiden auch. Das Booklet greift diese Themen auf, erklärt die Hintergründe zur Hochdruckpasteurisierung, die ohne Wärme auskommt, und warum auch die ökologische Auswahl von Obst und Gemüse langfristig sinnvoll ist. Eigentlich ist das alles nichts Neues, aber Qualität kostet Geld. Aufklärung tat also Not.
9. An wen richtet sich das Feel Good Booklet und wie kann man dieses in den Alltag integrieren?
Das Booklet richtet sich an jeden, der sich für eine gesunde Ernährung interessiert. Nicht mehr und nicht weniger.
10. Wie wichtig ist dir „Bio“ im Alltag?
Sehr wichtig. Wir kaufen soweit wie möglich ökologisch und regional produzierte Lebensmittel. Wobei ich betonen möchte, dass diese nicht per se gesünder sein müssen als konventionell erzeugte Lebensmittel. Aber durch die Einhaltung der Richtlinien für Ökolandbau werden bestimmte Agrarchemikalien und Medikamente schlicht nicht eingesetzt und das reduziert mittel- bis langfristig die Rückstände in unserer Umwelt. Man zahlt also doppelt auf das Gesundheitskonto ein, jetzt und für die Zukunft.
11. Wie lässt sich gesunde Ernährung mit Stress (Arbeit, Familie,..) verbinden?
Da hilft nur eines: klare Richtschnur sind gemeinsame Mahlzeiten, für die sich jeder Zeit nehmen muss. Einmal am Tag muss es möglich sein, gemeinsam zu essen. Sonst stimmt insgesamt etwas nicht mit dem sozialen und beruflichen Umfeld, was langfristig in einem Fiasko endet. Essen ist ein Grundbedürfnis, danach kommen direkt die sozialen Bedürfnisse. Beides gehört zusammen, deshalb sollte man sich sofort darum kümmern, wenn es noch nicht so ist.
12. Was war die spannendste Erkenntnis die du in den Jahren deiner Forschung gewinnen konntest?
Das man erst die größten Erkenntnisse gewinnt, wenn man die eigenen Ansichten in Frage stellt. Und meine Frau sagt immer „contra fatos não há argumentos“. Auf Portugiesisch bedeutet das „Gegen Fakten gibt es keine Argumente“. Oft wird zu viel Meinung als Fakt kundgetan und führt die Debatte in eine emotional aufgeladene Richtung, die Lösungen immer mehr erschwert. Dann gewinnt oft der lauteste Schreihals mit der einfachsten Lösung die Aufmerksamkeit der Menschen, was fatal ist. Jeder Mensch sollte sein eigener Forscher sein, sich und die Umwelt beobachten und seine eigenen Schlüsse daraus ziehen, mit möglichst vielen Menschen darüber reden, Bücher lesen, Dokus und Videos sehen. Dann kommt er der „Wahrheit“ schon recht nahe.
13. Welche Projekte stehen in naher Zukunft an?
Neue Buchprojekte, Recherchen und gutes Essen.