Selleriesaft wissenschaftlich betrachtet: Mythen vs. Fakten

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Social Media ist voll von Menschen und Unternehmen, welche die positiven Eigenschaften von Selleriesaft betonen: Die Stärkung des Immunsystems, die starke antioxidative Wirkung, die Wiederherstellung der Nebennieren, die Spülung der Nebennieren, die Reinigung der Leber und die Verhinderung von Darmfäule, um nur einige zu nennen. Wie zu erwarten war, beruhen diese Behauptungen bisher alles andere als auf gesicherten Erkenntnissen. Was also sagt die Wissenschaft zum Thema Selleriesaft?
Disclaimer: Wir sind und bleiben ein Lebensmittelhersteller, sind kein Pharmaunternehmen und nehmen auch von jeglichen medialen, oder sonstigen Gesundheitsratschlägen ausdrücklich Abstand. Daher wollen wir uns in diesem Artikel kritisch mit dem aufkommenden Selleriesaft-Hype auseinandersetzen und behandeln das Thema Selleriesaft — wie bei uns üblich — von einer faktischen, wissenschaftlichen Seite. Dieser Artikel referenziert (8) wissenschaftliche Arbeiten und überprüft 6 populäre Behauptungen. Wir aktualisieren den Artikel stetig nach aktuellem Wissensstand.

 

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Die Verhinderung und Behandlung von zahlreichen Wehwehchen und sogar chronischen Krankheiten wird von verschiedenen Seiten propagiert oder abgestritten. Doch woher kommt das Phänomen Selleriesaft? Ist es wahr, dass inzwischen Millionen von Menschen auf die heilende Wirkung von Selleriesaft schwören? Gibt es Wissenschaft zu alten und neue Behauptungen rund ums Thema Sellerie? Fragen über Fragen, die wir mit diesem Beitrag in aller Ausführlichkeit versuchen zu beantworten.

Eine gute Nachricht gleich vorweg: Sellerie an sich ist tatsächlich etwas feines und man kann mit dem Trinken von Selleriesaft im Normalfall keinen Schaden anrichten. Wer sich also jeden Morgen einen Saft aus einem Bund Stangensellerie pressen (oder zapfen) will, soll das gerne tun.

Fangen wir also ganz von vorne an: Beim vorgeblichen Wundergemüse selbst.

Was sind die Inhaltsstoffe von Sellerie?

Sellerie (Apium graveolens) ist eine Sumpfpflanze aus der Familie der Apiaceae, die seit der Antike als Gemüse angebaut werden. Sellerie hat mehrere lange, faserige Stängel, die sich zu Blättern verjüngen. Unter der Erde bildet er eine dicke Knolle, die bei uns vor allem als Suppengrün-Zutat genutzt wird.

Je nachdem, wo er angebaut wird und welche Sorte verwendet wird, werden traditionell entweder seine Stängel, Blätter oder Knollen gegessen und zum Kochen verwendet. Selleriesamen werden auch als Gewürz verwendet, und seine Extrakte werden schon lange in der Kräutermedizin eingesetzt.

Die in Nordamerika am weitesten verbreitete kommerzielle Sorte ist Staudensellerie, während in Europa auch die Sorte Knollensellerie (auch als Selleriewurzel bekannt), Apium graveolens var. rapaceum, beliebt ist.

In Asien wächst Blattsellerie (Chinesischer Sellerie, Apium graveolens var. secalinum) in Sumpfgebieten. Es ist höchstwahrscheinlich die älteste kultivierte Form von Sellerie.

Nach Angaben der USDA (der amerikanischen Lebensmittelaufsichtsbehörde, welche seit Jahrzehnten den Nährstoffgehalt von rohem Obst und Gemüse prüft und standardisiert) enthalten 100 g Staudensellerie etwa:

  • Wasser 95 g
  • Energie 18 kcal
  • Protein 1,18 gm
  • Fett 0
  • Kohlenhydrate 3,53 gm
  • Ballaststoffe 1,2 gm
  • Zucker 1,8 gm
  • Kalzium 40 mg
  • Eisen 0
  • Kalium 260 mg
  • Natrium 82 mg
  • Vitamin C 3,1 mg
  • Karotin, beta 270 µg
  • Vitamin A 440 IU
  • Lutein + Zeaxanthin 283 µg
  • Vitamin K 29,3 µg
  • Kaempferol 0,2 mg
  • Quercetin 0,4 mg
  • Apigenin 2,9 mg

Besonders fallen dabei der hohe Natriumgehalt, sowie das besonders in den bitteren Blättern stark vorkommende Beta Karotin auf.

Wo kommt sogenannter Echter Sellerie vor?

Sellerie Verbreitung auf der Nordhalbkugel (Eric Hultén via Wikipedia)
Sellerie Verbreitung auf der Nordhalbkugel (Eric Hultén via Wikipedia)

Selleriestauden und Sellerieknollen kommen ursprünglich in Europa, Nordafrika, auf Madeira, den Kanarischen Inseln, im Jemen, in Westasien, Zentralasien und im Kaukasusraum vor.[WIKIPEDIA QUELLE] Die Inkulturnahme fand wahrscheinlich im Mittelmeerraum statt. Als natürliche Standorte der Wildform werden salzhaltige, feuchte bis sumpfige Böden in den Küstengebieten der Mittelmeerländer angenommen. Sie kommt dort in Gesellschaften des Verbands Agropyro-Rumicion vor.[WIKIPEDIA QUELLE]

In Mitteleuropa kommt die Wildform ausschließlich an Binnensalzstellen vor. Sie besiedelt feuchte bis nasse, nährstoffreiche, salzhaltige Schlammböden nur in der collinen Höhenstufe. Ihr Status in den deutschen Bundesländern liegt zwischen „stark gefährdet“ und „ausgestorben“. In Österreich ist die Wildform, sofern sie je vorkam, ausgestorben.[WIKIPEDIA QUELLE]

Selleriesaft Mythen

Obwohl es Sellerie und Selleriesaft schon seit Jahrtausenden gibt und vor allem Staudensellerie bereits seit Jahrtausenden als Heilpflanze bekannt ist, kann man erneut aufkommende Popularität vor allem Anthony William zugeschrieben. William, selbsternanntes “medizinisches Medium” und “Urheber” der “Globalen Bewegung für Selleriesaft”, empfiehlt den Selleriesaft seit seiner Kindheit (1976).

William, der behauptet, er habe bei seiner — symptomfreien — Großmutter Lungenkrebs diagnostiziert, als er vier Jahre alt war (was angeblich durch medizinische Tests bestätigt wurde), sagt aus, er wäre “mit der einzigartigen Fähigkeit geboren […|, mit dem Geist des Mitgefühls zu sprechen, der ihn mit außerordentlich genauen Gesundheitsinformationen versorgt, die seiner Zeit oft weit voraus sind”.

William ist Autor von bisher vier Büchern, von denen es drei auf die New York Times-Bestsellerliste geschafft haben: “Medical Medium”, “Life-Changing Foods”, “Thyroid Healing” und “Liver Rescue”. Er hat eine riesige Fangemeinde. Darunter auch zahlreiche bekannte Persönlichkeiten wie beispielsweise Gwyneth Paltrow, Sylvester Stallone und Robert De Niro.

William, der keine medizinische oder wissenschaftliche Ausbildung hat, behauptet, Selleriesaft sei ein Wundermittel, welches unter anderem Entzündungen beruhigt. Insbesondere bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen.

Er sagt, das körpereigene Immunsystem sei nicht deren Ursache (im Gegensatz zu dem überwiegenden Teil der Wissenschaftler, die so ziemlich das Gegenteil davon behaupten), während tatsächlich pathogene Bakterien und Viren — von denen viele noch unentdeckt, oder falsch zugeordnet seien — die wahre Ursache sind.

Selleriesaft “hungere” die Krankheitserreger aus, die solche Krankheiten und andere rätselhafte chronische Beschwerden verursachen.

Er behauptet auch, Selleriesaft würde den pH-Wert des Körpers ausgleichen und die Ammoniakdurchlässigkeit verhindern (eine weitere “wichtige unbekannte Ursache für Krankheiten”[1]). Wenn die Nahrung im Magen nicht richtig verdaut wird, verfaule sie im Magen”. Laut William:

Durch (diese) Darmfäule oder Fäulnis entsteht Ammoniakgas, das die Fähigkeit hat, geisterhaft aus Ihrem Verdauungstrakt heraus und direkt in Ihren Blutkreislauf zu schweben. Sie kann auch in Organe wie Leber und Gehirn gelangen. Dies nenne ich die Ammoniakdurchlässigkeit.

Millionen von Menschen laufen mit gesundheitlichen Verdauungsproblemen herum. Einer der Faktoren, die dazu beitragen, ist die Ammoniakdurchlässigkeit, zusammen mit den zugrunde liegenden trägen Leberproblemen[1].

Von einem rational-wissenschaftlichen Standpunkt kann — nach derzeitigem Konsens — hierbei schon so vieles als falsch betrachtet werden, dass man nicht einmal weiß, wo man eigentlich anfangen soll. Wir werden jedoch im Laufe dieses Artikels versuchen es ausführlich zu erklären.

Wie oft soll man Selleriesaft trinken?

Die empfohlene Art, Selleriesaft zu trinken ist laut William, die folgende:

Trinken Sie jeden Morgen etwa 200 bis 400 Milliliter Selleriesaft auf nüchternen Magen. Achten Sie darauf, dass es frischer, reiner Selleriesaft ohne andere Zutaten ist. Selleriesaft ist ein medizinisches und kein kalorienreiches Getränk, deshalb brauchen Sie danach immer noch ein Frühstück, um sich für den Tag zu stärken. Warten Sie einfach mindestens 15 Minuten, nachdem Sie Ihren Selleriesaft getrunken haben, bevor Sie etwas anderes zu sich nehmen. [1]

Der Sellerie sollte gewaschen werden und dann durch einen Entsafter laufen. Eine alternative Methode ist das Zerkleinern beziehungsweise Mixen in einem Hochgeschwindigkeitsmixer, bis es eine glatte und homogene Masse ist. Diese Mischung dann abseihen und sofort trinken. Es sei, wann immer möglich, Bio-Sellerie zu verwenden.

Um “die besten Ergebnisse” zu erzielen, sollte der Saft nicht mit Wasser, Eis oder anderem Saft verdünnt werden.

Denjenigen, die an einer Autoimmunkrankheit oder einer chronischen Krankheit leiden, empfiehlt William sogar 0,75l – 1l reinen Selleriesaft pro Tag zu trinken. Er kann dabei auch in zwei Portionen aufgeteilt werden. Solange mindestens 15-30 Minuten Zeit ist, bevor die nächste Mahlzeit eingenommen wird.

Gibt es Wissenschaft zum Selleriesaft?

Mit einem Wort: Leider nein. Es gibt nur eine handvoll Artikel und wissenschaftliche Abhandlung in öffentlich einsehbaren Journalen (und Veröffentlichungen), die ausdrücklich Selleriesaft erwähnen. Keine davon betreffen Studien an Menschen. Wie Dr. Merry (PhD) vom Trinity College in Dublin in ihrem Beitrag bei HealthyButSmart.com über Sellerie es beschreibt, gibt es in der wissenschaftlichen Literatur zwar insgesamt 1109 Artikel die sich auf Sellerie beziehen, darunter allerdings nur 14 klinische Studien und nur eine einzige, die sich ausdrücklich mit Selleriesaft (aber auch nicht ausschließlich mit diesem) befasst.

Im Vergleich dazu gibt es über 3000 Veröffentlichungen über Karotten, darunter über 90 klinische Studien (auch an Menschen).

Übrigens… Was sind Natrium-Clustersalze?

Eine der interessanten Behauptungen von Anthony William ist, eine besondere Eigenschaft des Selleriesaftes, die ihn so kraftvoll mache, seien darin enthaltene “unentdeckte Natrium-Cluster-Salze”. William erklärt:

Diese Untergruppen des Natriums verbinden sich wie eine einzige und werden mit den anderen chemischen Verbindungen des Selleries […] infundiert, die für die Heilung des Körpers sehr aktiv sind. Die Wissenschaft hat diese Cluster-Salze noch nicht dekonstruiert oder untersucht. Irgendwann wird die Forschung zeigen, dass diese Cluster-Salze symbiotisch und systematisch arbeiten, um Toxine, tote Krankheitserreger wie Viren und Bakterien sowie pathogene Neurotoxine und Trümmer aus jedem Spalt des Körpers auszuschwemmen. [1]

Wir sind der Überzeugung, man muss solche gesundheitsbezogene Behauptungen immer mit einer ordentlichen Prise (Cluster) Salz aufnehmen. Vor allem wenn selbst deren Propagator zugibt, dass die Wissenschaftler sie noch nicht entdeckt hat und sie damit auch gänzlich unerforscht sind. Wenn man versucht, eine Definition von Natrium-Cluster-Salz oder Natriumchlorid-Cluster in Google nachzuschlagen, wird man tatsächlich überhaupt keine finden (und wir dachten immer Google findet alles). Auf Englisch heißen sie übrigens Sodium Cluster Salts.

Es ist jedoch bekannt, dass Natriumsalz (wie “normales” Kochsalz) dazu neigt, sich in Wasser kristallartig zu gruppieren (d.h. zu clustern). “Clustersalz” kann so manchmal als Hintergrund-Artefakt in der Flüssigchromatographie – einem hochauflösenden Massenspektrometrie-Test – auftauchen. Dies ist eine Technik, die zur Analyse biochemischer, organischer und anorganischer Verbindungen verwendet wird und häufig in komplexen Untersuchungen von Proben genutzt wird.

Was für Eigenschaften solche Salzcluster haben, oder ob man diese mit irgendwelchen spezifischen Körperfunktionen in unserem unendlich komplex scheinenden Organismus in direkten Zusammenhang bringen kann wurde von der modernen Wissenschaft noch nicht ansatzweise erforscht.

Es gibt also schlichtweg noch fast keine Selleriesaft Wissenschaft.

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Hilft Selleriesaft bei chronischen Krankheiten?

Wie bereits angedeutet gibt es bisher keine Studien, die sich mit der Wirkung von Selleriesaft auf chronische Krankheiten befassen. Es gibt jedoch einige Studien, die sich mit einer kleinen Verbindung, dem Flavonoid Apigenin, bei der Behandlung von Autoimmunkrankheiten befassen.

Apigenin ist sowohl in Sellerie als auch in Petersilie, Zwiebeln, Orangen, Kamille, Mais, Reis, Tee, Weizenkeimen und einigen Gräsern enthalten.

Eine Überprüfung dieser Studien durch Karisi et al. [2] zeigte, dass Apigenin eine gewisse Wirkung auf Immunzellen und die von ihnen erzeugten Entzündungsstoffe bei Krankheiten wie rheumatoider Arthritis, Diabetes mellitus, Lupus und Multipler Sklerose hat.

Alle bisherigen Studien wurden jedoch in vitro (im Reagenzglas) oder in Tiermodellen durchgeführt. Es gibt keine Studien am Menschen. Gegenwärtig gibt es also keinen Beweis dafür, dass Selleriesaft bei chronischen Krankheiten tatsächlich helfen kann.

Hilft Selleriesaft bei Magenproblemen?

Wir konnten nur zwei Studien finden, die Sellerie und/oder Selleriesaft im Zusammenhang mit der Gesundheit des Magen-Darm-Traktes erwähnen. Die erste, von Al-Howiriny et al. [3] untersuchte die Wirkung eines Sellerieextrakts auf die Fähigkeit von Indomethacin (ein NSAID ähnlich zu Ibuprofen) oder einer Alkohol/Salz-Mischung, Magengeschwüre bei Ratten zu verursachen.

Dabei wurde festgestellt, dass Ratten, die eines der beiden oben genannten Mittel erhielten, signifikante Magengeschwüre hatten. Nager, die vor der Behandlung mit 250 oder 500 mg/kg Sellerieextrakt behandelt wurden, zeigten einen Schutz der Magenschleimhaut und eine verminderte Magensäuresekretion.

Es wurde von ihnen also gut vertragen.

Die einzige Humanstudie wurde von Adzimi et al. aus dem Iran durchgeführt [4]. Sie untersuchten 150 Patienten mit funktioneller Dyspepsie – einem Zustand, der durch frühe Sättigung, Völlegefühl oder Blähungen und Magenschmerzen oder Brennen gekennzeichnet war.

Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip in Gruppen eingeteilt, denen entweder ein Placebo, das Anti-Sodbrennen-Medikament Omperprazol, oder eine Kombination aus Sellerie und Trachyspermum copticom, ein althergebrachtes Kraut (das im Nahen Osten und in Indien bei Darm- und anderen Gesundheitsstörungen verwendet) verabreicht.

Die Häufigkeit und der Schweregrad der Symptome der Patienten wurden nach 4 bzw. 8 Wochen Behandlung beurteilt. Diejenigen, die das traditionelle Heilmittel erhielten, zeigten im Vergleich zu denjenigen, die ein Placebo erhielten, eine signifikante Reduktion der Symptome, ähnlich wie diejenigen, die Omperprazol erhalten hatten.

Das Hauptproblem dieser Studie besteht darin, dass die Forscher keine Gruppen eingeschlossen haben, die Sellerie oder Ajwain als Solobehandlungen erhielten. Daher kann man nicht feststellen, welche Wirkung die Sellerie-Komponente des Volksheilmittels tatsächlich zu den Ergebnissen beigetragen hat – insbesondere dann nicht, wenn Ajwain typischerweise bei gastrointestinalen Symptomen eingesetzt wird.

Also gibt es auch bei Magenproblemen nur unzureichende wissenschaftliche Beweise dafür, dass Selleriesaft die Darmgesundheit tatsächlich verbessert.

Ist Selleriesaft gut für die Leber?

Noch einmal: Es gibt unseres Wissens nach bisher keine Humanstudien, die die Wirkung von Sellerie oder Selleriesaft auf die Leber untersuchen.

Wir haben unter anderem zwei erwähnenswerte Arbeiten gefunden. Die erste, von Kolarovic et al [5], ist eine Studie, in der untersucht wurde, ob Selleriesaft mehrere biochemische Parameter verändern kann, die durch die Exposition der Leber oder des Blutes gegenüber dem Chemotherapeutikum Doxorubicin induziert werden.

Die Parameter beinhalteten den Gehalt an reduziertem Glutathion, Aktivitäten von Katalase, Xanthinoxidase, Glutathionperoxidase, Peroxidase und die Intensität der Lipidperoxidation. Die Ratten wurden in drei Gruppen eingeteilt: Kontrollgruppen, die Wasser erhielten, Ratten, die Staudenselleriesaft erhielten, und Ratten, die Selleriewurzelsaft erhielten.

Jede Gruppe wurde weiter unterteilt – die eine Hälfte wurde zwei Wochen lang mit Doxorubicin behandelt, die andere Hälfte wurde nicht mit Doxorubicin behandelt. Drei Tage nach der letzten Doxorubicin-Behandlung wurden alle Tiere diesem Tierversuch geopfert.

Von den Tieren wurde ein Leberhomogenat (im Wesentlichen ein “Lebergewebesmoothie”) oder Bluthämolysat (Blut, dessen rote Blutkörperchen aufgespalten wurden) abgenommen und auf die oben genannten Parameter untersucht.

Die Analyse dieser Daten führt sie zu der Schlussfolgerung, dass

Selleriewurzel- und Staudensäfte die untersuchten biochemischen Parameter beeinflussten und bei Anwendung von Doxorubicin protektive Wirkungen zeigten. [5]

Der andere Artikel, von Jakovljevic et al [6], untersuchte die Wirkung von Sellerie- und Petersiliensaft auf die pharmakodynamischen Aktivitäten von Medikamenten, die Cytochrom P450 (CYPs) in ihren Stoffwechsel einbeziehen.

CYPs sind Proteine/Enzyme, die eine wichtige Rolle im Arzneimittelstoffwechsel spielen können. Obwohl CYPs in den meisten Geweben des Körpers vorhanden sind, sind sie in der Leber am stärksten ausgeprägt.

In dieser Studie untersuchten die Autoren die

Wirkung der Vorbehandlung von Mäusen mit Säften dieser Pflanzen auf die Wirkung von Pentobarbital und die schmerzstillende Wirkung von Paracetamol und Aminopyrin.

Bei mit Sellerie- und Petersiliensaft vorbehandelten Mäusen wurde eine verlängerte Wirkung von Pentobarbital in Bezug auf die Kontrolle beobachtet, die statistische Signifikanz wird nur bei mit Petersilie vorbehandelten Tieren erreicht.

Beide Vorbehandlungen erhöhten und verlängerten die schmerzstillende Wirkung von Aminopyrin und Paracetamol, wobei die Vorbehandlung mit Petersilie wieder wirksamer war.

Entsprechend der dünnen Studienlage gibt es zwar geringfügige Hinweise darauf, dass Selleriesaft eine positive Wirkung auf die Leberfunktion haben könnte, nach wissenschaftlichen Standards müssen diese jedoch ebenfalls als unzureichend ausgewiesen werden.

Stärkt Selleriesaft die Galle?

Gallensäuren sind eine große Familie von Molekülen, die eine steroidale Struktur haben und in der Leber aus Cholesterin synthetisiert und zusammen mit Cholesterin und Phospholipiden aktiv in die Galle ausgeschieden werden.

Die aus der Leber fließende Galle wird in der Gallenblase konzentriert und als Reaktion auf eine Mahlzeit in den oberen Darm abgegeben. Im Darm wirken Gallensäuren als Detergenzien und helfen bei der Emulgierung von Fetten und unterstützen deren Verdauung und Absorption.

Nach der Teilnahme an der Verdauung im Dünndarm werden die Gallensäuren fast vollständig (95%) im distalen Ileum resorbiert und dann von der Leber wieder aus dem Pfortaderblut aufgenommen (enterohepatischer Kreislauf).

Medizinisches Fachpersonal bezeichnet die Galle in der Regel nicht als “stark” oder “schwach”. Entweder steht genügend Galle zur Verfügung, um ihre Verdauungsfunktionen zu erfüllen, oder sie ist nicht vorhanden.

Und da uns — wie gesagt — keine Humanstudien über die Wirkung von Selleriesaft auf die Leberfunktion vorliegen, können wir nicht sagen, ob er die Produktion von Galle erhöht.

Das einzige Paper, das auch nur entfernt mit Sellerieextrakt und Galle in Verbindung zu bringen war, ist von Tsi und Tan [7]. Sie behandelten Mäuse — die genetisch so verändert wurden, dass sie einen hohen Cholesterinspiegel hatten — mit Selleriesaft, was zu einer signifikanten Senkung ihres Blutcholesterinspiegels führte.

Sie stellten keine Erhöhung der Cholesterinsynthese in der Leber fest und postulierten, dass der gesenkte Cholesterinspiegel entsprechend durch eine erhöhte Gallensäurenausscheidung verursacht wurde.

Noch einmal: Es gibt bisher keine Humanstudien, die zeigen, dass Selleriesaft die Galle “stärken” kann.

Ist Selleriesaft sicher?

Für die meisten Menschen ist es natürlich völlig in Ordnung, Sellerie als Snack, als Zutat in einem Rezept zu essen, oder als Selleriesaft zu trinken. Er ist eine gute, kalorienarme Quelle für zahlreiche Vitamine, Mineralien und andere Nährstoffe.

Es gibt jedoch einige Menschen, die keinen Sellerie essen oder die Menge, die sie essen (und trinken), mäßigen sollten. Beispielsweise können Menschen allergisch gegen Sellerie oder Knollensellerie sein, weshalb er in Lebensmitteln auch als Allergen auszuweisen ist. Eine Schweizer Gruppe unter der Leitung von Ballmer-Weber [8] bestätigte, dass “die Selleriewurzel eine häufige Ursache für Nahrungsmittelallergien bei pollensensibilisierten Patienten ist”.

Das häufigste Symptom ist das orale Allergiesyndrom (OAS), wie es bei pollenbedingten Nahrungsmittelallergien auftritt. Die wichtigsten Anzeichen des oralen Allergiesyndroms sind Schwellung und Juckreiz der Lippen, des Mundes, der Zunge und des Rachens unmittelbar nach dem Verzehr von bestimmten Obst- und Gemüsesorten, insbesondere wenn diese roh verzehrt werden.

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Zusammenfassung

Obwohl Sellerie eine gute, kalorienarme Quelle für viele Vitamine, Mineralien und andere Nährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe ist, gibt es keinerlei zuverlässigen, reproduzierbaren empirischen Beweis aus einer groß angelegten, plazebokontrollierten Doppelblindstudien an Menschen, welche belegen würde, dass es sich bei Selleriesaft um ein fast magisches Wunderelixier handelt, das fast all die Beschwerden lindern könnte, welche so viele Menschen plagen.

Und jetzt das große Aber 

Es ist offensichtlich: Inzwischen schwört eine scheinbar unglaubliche Zahl von Menschen weltweit auf Selleriesaft und ist von seiner Heilkraft überzeugt. Wie kann es sein, dass dieser gleichzeitig aber bisher von der wissenschaftlichen Schulmedizin links liegen gelassen wurde obwohl es auch in der Naturheilkunde und anderen kulturellen Überlieferungen Hinweise auf dessen vielfältige Wirkung gibt?

Anthony William kann inzwischen getrost als Anführer eines fast kultartigen Megatrends bezeichnet werden: Er hat inzwischen insgesamt weit über 5 Millionen Follower auf den einschlägigen Social-Media-Plattformen. Seine Botschaften, aber auch persönliche Leidens- und — durch die angebliche Heilkraft des Selleriesafts entstandenen — Erfolgsgeschichten werden von zigtausenden Anhängern geteilt.

Auch wir haben uns, seitdem wir uns in den Kopf gesetzt haben einen möglichst frischen Selleriesaft anzubieten, mit vielen von Ihnen ausgetauscht. Das Feedback ist – zugegebenermaßen – sehr vielfältig. Während sich einige darüber aufregen (und uns vorwerfen), dieser sei nicht kompromisslos genug. Bisher geben wir noch eine kleine Menge Bio-Zitronensaft hinzu um den Saft, im Sinne der Lebensmittelsicherheit, auf natürliche Art und Weise zu stabilisieren, Stichwort: Sporenbildner). Es freuen sich jedoch mindestens ebenso viele, endlich einen fast wie selbst gemachten, kalt entsafteten Selleriesaft in Rohkostqualität in einer 3l Vorratsbox bestellen und probieren zu können. Jetzt kann man Selleriesaft aus Staudensellerie übrigens auch in praktischen 250ml Flaschen kaufen.

Denn wer hat schon einen, meist mehrere hundert Euro teuren, Entsafter oder Mixer zu Hause rumstehen? Die Lust, diesen täglich mit kiloweise frischem Bio-Sellerie zu füttern und die Maschine danach zu putzen, kann einem ebenfalls schnell vergehen. Von dem inzwischen (wohl auch durch den Sellerie-Hype ausgelösten) Preisanstieg und den Verfügbarkeitsproblemen in der Nebensaison mal ganz abgesehen.

Ist Selleriesaft nur ein Trend oder ist der Hype gerechtfertigt?

Das beste Rezept ist — wie so oft immer noch — ausprobieren! Egal ob selbst gemacht, oder selbst gezapft. Ob das leicht bittere, grüne Elixier etwas für eine(n) ist und ob an den Heilsversprechen dazu irgendetwas dran ist sollte jede(r) am besten für sich selbst herausfinden.

Eines steht jedenfalls fest: Sellerie enthält eine Vielzahl an wichtigen Nährstoffen und kann als typischer Gemüsesaft mit einem niedrigen Fruchtzuckergehalt im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung bestimmt niemandem Schaden. So lange keine Allergie vorliegt.

Wir würden uns jedenfalls sehr darüber freuen, wenn sich auch die Wissenschaft noch mehr mit dem Thema #celeryjuicebenefits auseinandersetzen würde. Für jeden Hinweis zu neuen Studien und Veröffentlichungen, auf die wir hingewiesen werden, sind wir dankbar.

Youtube

Quellenverzeichnis:

  1. William, A. Celery Juice. Medical Medium 2018
  2. Kasiri, N., et al., The significant impact of apigenin on different aspects of autoimmune disease. Inflammopharmacology $V 26, 2018(6): p. 1359-1373.
  3. Al-Howiriny, T., et al., Gastric antiulcer, antisecretory and cytoprotective properties of celery (Apium graveolens) in rats. Pharm Biol, 2010. 48(7): p. 786-93.
  4. Azimi, M., et al., Effect of Apium graveolens and Trachyspermum copticom on clinical symptoms of patients with functional dyspepsia. Avicenna journal of phytomedicine, 2017. 7(6): p. 554-564.
  5. Kolarovic, J., et al., Protective effects of celery juice in treatments with Doxorubicin. Molecules (Basel, Switzerland), 2009. 14(4): p. 1627-1638.
  6. Jakovljevic, V., et al., The effect of celery and parsley juices on pharmacodynamic activity of drugs involving cytochrome P450 in their metabolism. Eur J Drug Metab Pharmacokinet, 2002. 27(3): p. 153-6.
  7. Tsi, D. and B.K. Tan, The mechanism underlying the hypocholesterolaemic activity of aqueous celery extract, its butanol and aqueous fractions in genetically hypercholesterolaemic RICO rats. Life Sci, 2000. 66(8): p. 755-67
  8. Ballmer-Weber, B.K., et al., Celery allergy confirmed by double-blind, placebo-controlled food challenge: a clinical study in 32 subjects with a history of adverse reactions to celery root. J Allergy Clin Immunol, 2000. 106(2): p. 373-8

Basierend auf einem Beitrag von Michele Berman M.D. und teilweise aus dem Englischen übersetzt von Julien, Co-Founder bei Antidote und langsam aber sicher ein echter Experte wenn es um frischen Selleriesaft geht.